Rechtsextremistische Musik
Die Musik sowie die Szenekonzerte sind unverändert wichtige Instrumente für die Verbreitung der rechtsextremistischen Ideologie und damit eine zentrale, identitätsstiftende Basis für die Szene. Gemeinsame Konzertbesuche stärken das Gemeinschaftsgefühl und tragen dazu bei, dass Kontakte zwischen den verschiedenen regionalen Szenen geknüpft und aufrechterhalten werden. Szenemitglieder haben bei Konzerten darüber hinaus die Möglichkeit, ihre Ideologie in der »geschlossenen Konzertgemeinschaft« auszuleben. So sind dort mitunter gemeinschaftlich begangene strafbare Handlungen, wie der Hitlergruß oder »Sieg Heil«-Rufe, festzustellen. Die Szene selbst spricht hier von »abhitlern«. Rechtsextremisten vermitteln ihre verfassungsfeindliche Ideologie über die Texte ihrer Musikdarbietungen, wobei dazu passende Melodien und Rhythmen einen wesentlich verstärkenden Faktor im emotionalen Empfinden des Empfängers auslösen. Insofern ist die Musik vor allem für Jugendliche ein Einfallstor in die rechtsextremistische Szene. Darüber hinaus spielen kommerzielle Gesichtspunkte bei der Veranstaltung von Konzerten und vor allem bei den Szenevertrieben eine herausragende Rolle. Beides sind unverzichtbare finanzielle Einnahmequellen, die ganz wesentlich zur Existenz der rechtsextremistischen Szene beitragen.
Die Subkulturell geprägte rechtsextremistische Szene bevorzugt Musikstilrichtungen wie »R.A.C.« und »Hardcore« bzw. »Hatecore«. Dieser »Rechtsrock« ist geprägt von aggressiven Texten und zumeist hämmernden Rhythmen. In den Liedern werden Rassismus und Gewalt propagiert, das NS-Regime verherrlicht und der Kampf gegen das verhasste demokratische System thematisiert. In den Texten wird zum Teil auch einem Germanen- und Wikingerkult gehuldigt. Politische Inhalte werden zudem auch im Balladenstil vorgetragen. Eine in der Szene beliebte Musikstilrichtung ist der sog. »NSBM«. Diese von der Black-Metal-Musik abgeleitete Stilrichtung bezieht sich in ihrer Ausrichtung auf den historischen Nationalsozialismus.
Mit der Gründung der Firma NDS Records Unternehmensgesellschaft etablierte sich im Freistaat Sachsen im Jahr 2021 zudem ein Musiklabel, dessen Musiker vor allem die Stilrichtungen »Rap« und »Hip Hop« vertreten. Interpreten dieses Labels verstehen sich als echte deutsche Rapper und waren bzw. sind dem Umfeld der Identitären Bewegung zuzurechnen. Die von NDS Records produzierte Musik enthält teilweise gewaltaffine, rassistische Elemente und richtet sich mitunter gegen den politischen Gegner sowie das Gesellschaftssystem der Bundesrepublik Deutschland. Die Vernetzung der NDS Records-Akteure innerhalb der rechtsextremistischen Szene zeigt sich sowohl in der Zusammenarbeit mit deren Strukturen, Bands und Interpreten als auch durch Auftritte bei Veranstaltungen.
Nach behördlicherseits verhängtem Gewerbeverbot und dem Verkauf der Liegenschaft steht der rechtsextremistischen Szene das ehemalige Objekt in Torgau OT Staupitz (Landkreis Nordsachsen) nicht mehr zur Verfügung. Rechtsextremisten organisierten deshalb im Freistaat Sachsen zunehmend konspirativ in unterschiedlichen Lokalitäten ihre Konzerte und verschleierten sie gegenüber den Vermietern als Geburtstagsfeiern. Dabei mieten zumeist Einzelpersonen u. a. bei Sportvereinen oder Gaststätten Säle oder andere geeignete Räumlichkeiten an, ohne den eigentlichen Anlass zu offenbaren. Zudem gab es im Berichtsjahr den Versuch, ein rechtsextremistisches Konzert als Veranstaltung der Partei Die Heimat zu organisieren.
Im Berichtsjahr war ein weiterer Rückgang der Konzertaktivitäten festzustellen. Insgesamt fanden noch acht rechtsextremistische Konzerte (2023: zehn) statt, drei davon wurden seitens der Polizei aufgelöst. Zwei darüber hinaus geplante Konzerte wurden verboten.
Die Anzahl der Liederabende und sonstigen Musikveranstaltungen erhöhte sich im Berichtsjahr hingegen von 39 (2023) auf 48. Davon löste die Polizei eine Veranstaltung auf. Der Anstieg ist damit zu erklären, dass kleinere Veranstaltungen wie Liederabende wegen des geringeren logistischen und finanziellen Aufwands einfacher und vor allem konspirativer zu organisieren sind.
Durchgeführte rechtsextremistische Konzerte in Sachsen
Die nachfolgenden Tabellen informieren über rechtsextremistische Konzertveranstaltungen, Liederabende und sonstige Musikveranstaltungen, welche für das Berichtsjahr öffentlich genannt werden können:
Konzertveranstaltungen
| Datum | Ort | Konzertbesucher (ca.) | Bemerkung | |
|---|---|---|---|---|
| 1 | 28. Juni | Coswig (Lkr. Meißen) | 152 | von der Polizei aufgelöst |
| 2 | 14. September | Leubsdorf OT Schellenberg (Lkr. Mittelsachsen) | 54 | von der Polizei aufgelöst |
| 3 | 19. Oktober | Auerbach (Erzgebirgskreis) | 60 | von der Polizei aufgelöst |
| 4 | 9. November | Lugau OT Ursprung (Erzgebirgskreis) | ca. 150 |
Der Live-Auftritt von Bands am 3. Februar im Rahmen einer »Geburtstagsfeier« in Hoyerswerda (Landkreis Bautzen) wurde vor Ort polizeilich verboten. Ein weiteres Konzert war am 19. April in Chemnitz geplant, die Polizei verhinderte es jedoch.
Liederabende und sonstige Musikveranstaltungen
| Datum | Ort | Verantstaltung | |
|---|---|---|---|
| 1 | 8. Januar | Dresden | Auftritt des Musikers Kavalier (Sachsen) bei einer Kundgebung der Freien Sachsen |
| 2 | Januar | Chemnitz | Auftritt des Liedermachers Visionär (Sachsen-Anhalt) |
| 3 | 26. Januar | Aue-Bad Schlema (Erzgebirgskreis) | Liederabend der Partei Freie Sachsen |
| 4 | 3. Februar | Pirna (Lkr. Sächsische Schweiz-Osterzgebirge) | Liederabend der Jungen Nationalisten |
| 5 | 10. Februar | Lugau (Erzgebirgskreis) | Liederabend mit dem Liedermacher Benjamin GRUHN (Sachsen) |
| 6 | 2. März | Sachsen | Liederabend mit dem Liedermacher FreilichFrei (Sachsen) |
| 7 | 9. März | Chemnitz | Kundgebung der Partei Freie Sachsen mit Auftritt des Musikers Kavalier |
| 8 | 1. Juni | Raum Delitzsch/Eilenburg (Lkr. Nordsachsen) | Liederabend mit Phil von FLAK64 und dem Liedermacher Der Hoffnungsträger (Thüringen) |
| 9 | 16. August | Dresden | »Geburtstagsfeier« mit Musik, von der Polizei aufgelöst |
| 10 | 17. August | Riesa (Lkr. Meißen) |
Sommerfest der Partei Die Heimat mit Auftritt des Liedermachers Frank RENNICKE (Bayern) |
| 11 | 30. August | Auerbach (Erzgebirgskreis) |
Liederabend mit FreilichFrei |
| 12 | 6. September | Riesa (Lkr. Meißen) | »Kulturfest« des Arbeitskreises »Heimat. Kultur.Werk« der Partei Die Heimat mit Auftritt u. a. von Lunikoff (Berlin) |
| 13 | 21. September | Döbeln (Lkr. Mittelsachsen) | Demonstration der Jungen Nationalisten mit Auftritt des Musikers Kavalier |
| 14 | 18. Oktober | Oschatz (Lkr. Nordsachsen) | Liederabend der Partei Die Heimat/Junge Nationalisten mit Auftritt von Phil von FLAK |
| 15 | 23. bis 24. November | Bernsdorf (Lkr. Zwickau) | Auftritt des Liedermachers Frank RENNICKE beim Bundesparteitag der Partei Die Heimat |
Das Konzertgeschehen der Subkulturell geprägten rechtsextremistischen Szene blieb mit acht festgestellten Veranstaltungen in Sachsen im Berichtsjahr auf einem niedrigen Niveau. Zudem musste die Szene Beeinträchtigungen in Folge von Auflösungen derartiger Veranstaltungen hinnehmen. Lediglich das Konzert am 9. November in Lugau OT Ursprung (Erzgebirgskreis) erreichte eine etwas höhere Teilnehmerzahl. Hierzu mieteten sich Rechtsextremisten unter dem Vorwand einer »Geburtstagsfeier« in ein Objekt der Gemeinde ein.
In Hoyerswerda (Landkreis Bautzen) feierten am 3. Februar ca. 250 Rechtsextremisten den Geburtstag einer bekannten Szenegröße und wollten diese Veranstaltung mit Live-Musik einer Band ausgestalten. Der Eigentümer des Objektes war damit jedoch nicht einverstanden und bat die Polizei um Durchsetzung seines Hausrechts.
In einem Jugendclub in Leubsdorf OT Schellenberg (Landkreis Mittelsachsen) versuchte die Szene am 14. September ungestört »abzuhitlern«. Polizeikräfte stellten indizierte Liedtexte einer als rechtsextremistisch eingestuften Band sowie verfassungsfeindliche Parolen wie »Sieg Heil« fest. Die Vorsitzende des Jugendclubs, die sich unter den Teilnehmern befand, gab an, dass diese Veranstaltung lediglich eine Geburtstagsfeier sei. Sogar nach der Auflösung dieser angeblichen »Feier« durch die Polizei und der Feststellung von Straftaten beteuerte der Verein in einer Stellungnahme auf Facebook, es habe sich »am betreffenden Abend […] lediglich um eine Vermietung für eine private Geburtstagsfeier ohne radikales Konzert oder solcher Inhalte in musikalischer Form« gehandelt. In Riesa (Landkreis Meißen) versuchte die Musikszene im September unter dem Schirm der Partei Die Heimat eine Konzertveranstaltung zu organisieren. Das Ganze deklarierten die Rechtsextremisten als »Kulturfest« des »Heimat.Kultur.Werks« der Partei. Der Musiker Phil von FLAK sagte im Mai, dass über das »Heimat.Kultur.Werk« künftig zwei Konzerte im Jahr geplant seien. Mit den Einnahmen sollten andere Künstler gefördert werden.
Die von einem Parteifunktionär angemeldete Veranstaltung sollte an zwei aufeinanderfolgenden Tagen auf dem Gelände des rechtsextremistischen Deutsche Stimme-Verlages in Riesa (Landkreis Meißen) stattfinden. Während am 6. September neben anderen Darbietungen rechtsextremistische Liedermacher bzw. Solointerpreten vor ca. 170 Gästen auftraten, sollte es am 7. September nach Reden, Gesprächsrunden und Kabarett ein Konzert mit bekannten rechtsextremistischen Musikgruppen geben. Kurz vor der Veranstaltung teilte der Inhaber eines rechtsextremistischen Vertriebes in Brandenburg jedoch plötzlich mit, dass diese Veranstaltung nicht stattfindet.
Die beiden Musiker Proto und Kavalier des sächsischen Labels NDS Records tourten im Berichtsjahr durch Deutschland und traten bei sog. »Abschiebehauptmeister-Partys« auf. Einige dieser Veranstaltungen wurden aufgelöst bzw. konnten auf Grund von Verboten nicht stattfinden. Hintergrund dieser so titulierten »Party« ist ein Musikvideo, in welchem die beiden Interpreten – angelehnt an den aus dem Internet bekannten sog. »Anzeigehauptmeister« – als »Abschiebehauptmeister« in Erscheinung treten. Das fremdenfeindliche Lied richtet sich pauschal gegen den Aufenthalt von Ausländern in Deutschland. Die Interpreten treten im Video als zwei mit gelber Weste uniformierte Personen auf, die eine weitere Person auf einer Parkbank aufgreifen und zum Flughafen begleiten.
Das Label mobilisierte beispielsweise öffentlich für eine derartige »Abschiebehauptmeisterparty« am 28. Juni im »Raum Dresden«. Polizeikräfte stellten schließlich fest, dass dieses Konzert mit 152 Teilnehmern in einem Gewerbegebiet in Coswig (Landkreis Meißen) stattfand. Das sich im Eigentum der Stadt befindende und von einer Firma gepachtete Veranstaltungsobjekt war für eine derartige Nutzung nicht zugelassen. Aufgrund der baurechtlichen Gegebenheiten und der damit einhergehenden Gefahren für die Konzertbesucher wurde diese vom Veranstalter so bezeichnete »Geburtstagsfeier« aufgelöst.
In eine Eventlocation in Auerbach (Erzgebirgskreis), in welcher im August bereits der rechtsextremistische Liedermacher FreilichFrei aufgetreten war, mieteten sich am 19. Oktober Rechtsextremisten ein, um ein Konzert zu veranstalten. Die Polizei stellte Live-Musik und ca. 60 Personen – darunter auch den Landratskandidaten der Partei Freie Sachsen, Stefan TRAUTMANN – fest und untersagte weitere Bandauftritte an diesem Abend.
Im Unterschied zu Konzertveranstaltungen mit Bandauftritten stieg im Freistaat Sachsen die Anzahl von Veranstaltungen, bei denen Solointerpreten auftraten oder musikalische Darbietungen nur eine begleitende Rolle einnahmen, weiter an. Dabei konnte festgestellt werden, dass neben bekannten Liedermachern auch Mitglieder rechtsextremistischer Musikgruppen solo auftraten. Für diese Entwicklung dürften auch finanzielle Aspekte verantwortlich sein, da kleinere Formate einerseits kostengünstiger und eher klandestin zu organisieren sind. Andererseits bedeuten geringere Teilnehmerzahlen bei kleineren Veranstaltungen zugleich auch weniger finanzielle Einnahmen. Zudem besteht grundsätzlich noch ein Verlustrisiko im Zuge von Veranstaltungsverboten, das bei kleineren Formaten naturgemäß allerdings geringer ist.
Der Liedermacher Kavalier, der sich beim Label NDS Records als Rapper engagiert, zeigte sich auch im Berichtsjahr sehr umtriebig. Neben seiner Beteiligung an den »Abschiebehauptmeisterpartys« trat er bei Veranstaltungen der Parteien Der Dritte Weg, Die Heimat oder Freie Sachsen sowohl in Sachsen als auch in anderen Bundesländern auf. Die zuletzt genannte Partei unterstützte der Liedermacher durch drei Auftritte bei Kundgebungen bzw. Demonstrationen. Am 27. September fand in Santander (Spanien) die zweitägige Konzertveranstaltung »Galerno Fest« statt. Am ersten Tag stand ein Auftritt von Kavalier mit auf dem Programm.
Sein musikalischer Partner Proto wollte zusammen mit einem weiteren Musiker von NDS Records am 20. und 21. September im Raum Oslo (Norwegen) bei einer Musikveranstaltung auftreten. Allerdings verweigerte ihm die Bundespolizei am Berliner Flughafen die Ausreise.
Im Freistaat Sachsen waren im Berichtsjahr 30 (2023: 26) rechtsextremistische Musikgruppen, Liedermacher und Solointerpreten aktiv.
Die Musiker bzw. Musikgruppen beteiligten sich an rechtsextremistischen Konzerten im In- und Ausland bzw. Liederabenden, traten bei Veranstaltungen rechtsextremistischer Organisationen auf oder arbeiteten an neuen Tonträgern bzw. gaben diese heraus.
Im Berichtsjahr stieg mit 14 (2023: vier) herausgegebenen Tonträgern die Anzahl der Musikproduktionen sächsischer Musiker bzw. Musikgruppen stark an. Zudem beteiligten sich die Akteure an sechs Tonträgern der rechtsextremistischen Szene anderer Bundesländer sowie an einem »Soli Sampler« und einer Split-CD.
Das Label NDS Records gab im Berichtsjahr vier Tonträger heraus. Im Unterschied zu anderen Musiklabels der Szene setzt NDS Records auch darauf, seine Musik online anzubieten. Die Interpreten des Labels wirkten in 22 Musikvideos mit, welche auf »YouTube« abrufbar waren bzw. sind.
Nachfolgend werden die im Freistaat Sachsen im Jahr 2024 auffälligsten Entwicklungen und Entscheidungen im Zusammenhang mit rechtsextremistischen Musikern und Musikgruppen beschrieben. Eine jahrelang inaktive sächsische Band wurde wieder tätig, und Entscheidungen der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ) zu Tonträgern bewiesen abermals, dass rechtsextremistisch eingestufte Musikgruppen bzw. Interpreten in ihren Titeln den Krieg und die NS-Ideologie verherrlichen sowie zu Gewalt und Rassenhass anstacheln.
Indizierung des Tonträgers »Sturmkrieger« der Band Sturmkrieger
Insgesamt sieben Titel des 2023 von der Band herausgegebenen Albums »Sturmkrieger« sind gemäß einer Entscheidung der »Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz« (BzKJ) vom Juli indizierungsrelevant, so dass sie wegen der Verherrlichung bzw. Verharmlosung des Nationalsozialismus in die Liste der jugendgefährdenden Medien aufgenommen wurden. Die Musik habe nach Ansicht des Gremiums eine verrohende Wirkung und verherrliche zudem den Krieg. In einem Titel würden zudem politisch links orientierte Personen diskriminiert.
Indizierung des Tonträgers »Das letzte Gefecht« der Band Symphonie des Blutes
Als schwer jugendgefährdend stufte die BzKJ den im Vorjahr von der Band Symphonie des Blutes herausgegebenen Tonträger »Das letzte Gefecht« ein, da er nach Einschätzung des Gremiums den Krieg und die Ideologie des Nationalsozialismus verherrliche, zu Gewalt und Rassenhass anstachle und Juden diskriminiere.
Indizierung des Tonträgers »Neuer Deutscher Standard Sampler I«
Eine weitere Entscheidung der BzKJ betraf im Berichtsjahr das Musiklabel NDS Records. In insgesamt sechs Liedern des in Rede stehenden Samplers, an denen u. a. die Interpreten Alva, Proto und Kavalier beteiligt waren, erkannte das Gremium einerseits die Diskriminierung homosexueller Menschen und Frauen sowie andererseits Inhalte, die zum Rassenhass anstachelten und die NS-Ideologie verherrlichten. So laute beispielsweise eine Zeile im Lied »NDS 4« diskriminierend: »Nehme ich die Homos an die Leine, sind die Hosenscheißer leise«.
Im Titel »Der letzte Germane« werde mit Formulierungen wie »Wir sehen schwarz, wir sehen rot, doch wir sehen kein Gold« die NS-Ideologie verherrlicht. So handele es sich bei dieser Textzeile um eine Anspielung auf die Nationalsozialisten, die nach ihrer Machtergreifung die Farbkombination schwarz-rot-gold als nationales Symbol abgeschafft und durch schwarz-weiß-rot ersetzt hätten. Im Anschluss heiße es »(…) wir bringen das Land wieder hoch«, wodurch in diesem Zusammenhang die NS-Zeit glorifiziert werde.
Angelehnt an die Rassentheorie der Nationalsozialisten werde darüber hinaus im Lied »Der letzte Germane« der Deutsche, dessen Existenz bedroht sei, mit der Formulierung »blaue Augen, weiße Haut, königliche Adelsrasse« beschrieben: »In einem Land, wo das hier schon zur Frage steht, zielt es darauf ab, dass man die Rasse bald zu Grabe trägt«. Das Ende des Nationalsozialismus werde mit den Worten »(…) Fick auf 45, wir tragen die Wunden schwer« bedauert.
Im Titel »Arminius«, der nach Einschätzung der BzKJ zum Rassenhass anstachle, werde ein angeblich bevorstehender Genozid der »weißen Rasse« beschrieben:
»Wir sind längst im Krieg, jeden Tag folgt ein Toter / Aber scheißegal, solang die Opfer Weiße sind / denk mal drüber nach, sag wo geht diese Reise hin / Ja, der Zug rollt, Endstation Genozid.«
Im Text werde dazu aufgefordert, Nicht-Weiße aus Deutschland zu vertreiben: »Remigration, die Heimat der Standpunkt / Vereint überwinden wir Deutschen den Abgrund«. Remigration meine nichts Anderes als die Deportation von Menschen, die nach Auffassung von Rechtsextremisten aus ethnopluralistischen Gründen »nicht deutsch« seien und deshalb nicht nach Deutschland gehörten.
Band Intifada wieder aktiv
Nach einer langen Phase der Inaktivität war die sächsische rechtsextremistische Band Intifada im Berichtsjahr wieder aktiv. Sie wurde bereits im Jahr 2010 bekannt und beteiligte sich damals an verschiedenen rechtsextremistischen Konzerten in Sachsen. Der Vertrieb PC Records73 gab im Berichtsjahr den Sampler »Solidarität VI« heraus. Dieser wurde – so die Beschreibung – anlässlich des Kampfes »einiger Projekte & Freunde« gegen »Repressionen, sei es durch Behörden, Gerichte oder andere staatliche Organisation« erstellt. Der Sampler enthält insgesamt 24 Titel namhafter rechtsextremistischer Gruppen. Die Band Intifada beteiligte sich an diesem Tonträger mit den Titeln »Intifada« und »Unsterblich«.
Im Titel »Intifada« bringt die Band deutlich ihre Zugehörigkeit zur rechtsextremistischen Szene (»Bewegung«) und die Ablehnung des gegenwärtig existierenden Gesellschaftssystems der freiheitlichen demokratischen Grundordnung (»Unser Deutschland ist nicht die BRD«) zum Ausdruck. Im Lied »Intifada« heißt es:
»Hallo, jetzt sind wir da, sozialistisch, aktivistisch, treu, Intifada ist unser Name, Recht und Freiheit ist unsere (…) Für ein Land mit Zukunft – spielen wir für deutsche Vernunft mit Schlagzeug und EGitarre, unsre Texte sind unsere Waffe.
Intifada, wir regen uns auf, schreien unsre Texte laut heraus, gegen das Unrecht in diesem Land, dafür sind wir schon längst bekannt. Für die Bewegung, für unsre Sache, für das Recht und gegen die bunte Masse.«
»Unser Deutschland ist nicht die BRD, wir kämpfen gegen sie und verachten sie. Wir sagen die Wahrheit, du verbietest es. Doch wir wissen, du wirst bald untergehen.«
Im Lied »Unsterblich« nimmt die Band Bezug auf die neonationalsozialistische Kampagne der »Unsterblichen«. Unter dieser Bezeichnung führten mit weißen Masken ausgestattete Rechtsextremisten öffentlich Fackelmärsche durch. Die Gruppierung »Spreelichter«, die innerhalb der im Juni 2012 verbotenen »Widerstandsbewegung Südbrandenburg bestand, trat erstmals öffentlich derart in Erscheinung. Im Lied unterstellt die Band, dass es »einen Plan« gebe, Deutschland und die Deutschen zu vernichten und fordert den Hörer dazu auf, als Unsterblicher »mit uns gegen diese Lügen« zu kämpfen.
Im Lied heißt es weiter:
»Weiße Masken, einheitlich, für die Nachwelt unsterblich. Jeder soll sehen, dass du Deutscher warst. Dass es Deutschland auf dieser Erde gab. Dieses Denken, es ist nicht krank, denn der Plan geht Richtung Untergang. Öffne deine Augen und du wirst sehen, nach uns, wird hier alles untergehen. Unsere Geschichte, sie wird vernichtet, systematisch hingerichtet. Stopp mit uns diesen Wahnsinn.«
»Die Wahrheit zu sagen, dass ist nicht leicht. Ich weiß mein Freund, nicht in dieser Zeit. Werde unsterblich bis in alle Ewigkeit, die Nachwelt soll‘s wissen und alles erfahren. Es gab stolze Deutsche, voller Elan – voller Elan – ihre Zukunft zu retten und sich zu befreien von den Ketten. […] Werde unsterblich und zeig wer du bist. Zeig allen, dass du ein Deutscher bist. Hab Mut zur Tat und schaufel nicht dein Grab, kämpf mit uns gegen diese Lügen und du wirst sehen, sie werden sich fügen. Wir sind die guten in diesem Spiel, und nur mit der Wahrheit – mit der Wahrheit – gelangen wir ans Ziel.«
Das Aktionsniveau der rechtsextremistischen Musikszene im Freistaat Sachsen hat sich gegenüber dem Vorjahr erhöht. Zwar fanden im Berichtsjahr weniger Konzerte statt, jedoch konzentrierte sich die Szene stattdessen zunehmend auf kleinere Liederabende mit Solointerpreten. Sächsische Musikgruppen und Interpreten veröffentlichten überdies mehr neue Tonträger als im Vorjahr.
Das Musiklabel NDS Records setzte auch im Berichtsjahr seine Aktivitäten auf hohem Niveau fort und steigerte sein Produktionslevel. Im Unterschied zu den seit langem in der Szene etablierten rechtsextremistischen Bands, deren Musik oft geprägt ist von harten rhythmischen Klangmustern verbunden mit oft unverständlichem Gesang, hat die Musik von NDS Records häufig eher Partycharakter und ist daher eher geeignet, sich ein breiteres Zuhörerspektrum auch außerhalb der Subkulturell geprägten rechtsextremistischen Szene zu erschließen. Auch die Verbreitung der Songs über das Internet bzw. über diverse Streamingdienste dürfte ausschlaggebend für die Entwicklung des Labels sowie für dessen Zuspruch bei jungen Menschen sein.
Neben aktiven Musikgruppen, die jährlich auftreten bzw. an neuen Tonträgern arbeiten, existieren im Freistaat Sachsen nach wie vor auch Bands, die nur gelegentlich ein »Lebenszeichen« von sich geben. Das Beispiel der Band Intifada zeigt, dass auch jahrelang inaktive Musikgruppen plötzlich wieder von sich hören lassen.
Bilanzierend hat das Berichtsjahr gezeigt, dass es für die rechtsextremistische Szene nach dem Wegfall ihrer sicheren »Bastion«, des Objekts in Torgau OT Staupitz (Landkreis Nordsachsen), zunehmend schwerer wird, unbehelligt größere Konzerte durchführen zu können. Für die Organisatoren und Bands gehen behördliche Maßnahmen wie Verbote oder Auflösungen mit erheblichen finanziellen Einbußen einher. Zudem mussten sich die Konzertbesucher in diesem Zusammenhang mitunter polizeilichen Identitätsfeststellungen unterziehen. Zwar erhöhte sich die Anzahl der Liederabende und sonstigen Musikveranstaltungen, jedoch konnten an diesen kleineren und oftmals konspirativen Formaten u. a. aus räumlichen Gründen weniger Personen teilnehmen als an den vormals reichweitenstarken Konzerten mit nicht selten mehreren hundert Teilnehmern. In der Folge entgingen den Organisatoren und Bands auch dabei wesentliche finanzielle Einnahmen.
Soweit Konzerte im Ausland mit rechtsextremistischen Bands oder Solointerpreten aus Sachsen stattfanden, ist es den Behörden vereinzelt gelungen, diese an der Ausreise zu hindern.
Darüber hinaus waren auch Indizierungen seitens der BzKJ ein Beleg dafür, dass Behörden nicht nur ein wachsames Auge auf das hiesige Konzertgeschehen werfen, sondern ebenso intensiv rechtsextremistische Lieder hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf eine immer jünger werdende Fangemeinde prüfen – mit der Folge entsprechender Indizierungen.