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Militanter Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus

Im Berichtsjahr sind rechtsextremistisch motivierte Anschläge ausgeblieben. Dennoch besteht nach wie vor eine abstrakte Gefährdungslage, die sich im Berichtsjahr in der Festnahme von acht mutmaßlichen Mitgliedern der rechtsterroristischen Vereinigung »Sächsische Separatisten« Anfang November niederschlug.

Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (GBA) wirft den Beschuldigten vor, sich in einer inländischen terroristischen Vereinigung mitgliedschaftlich betätigt zu haben (§ 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB). Demnach handelt es sich bei den »Sächsischen Separatisten« um eine aus 15 bis 20 Personen bestehende militante Gruppierung, die spätestens seit November 2020 bestand.

Ihre ideologische Ausrichtung steht beispielhaft für rechtsextremistische Akzelerationisten sowie Anhänger der sog. »Siege«-Ideologie (englisch: Belagerung). Sie eint ihre zutiefst rassistischen, antisemitischen und in Teilen apokalyptischen Vorstellungen, die sich in der Ablehnung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung manifestieren.

Aus Sicht der »Sächsischen Separatisten« stünde Deutschland vor dem »Kollaps«, der an einem noch zeitlich unbestimmten »Tag X« in einen staatlichen und gesellschaftlichen Zusammenbruch münden würde. Ziel der rechtsterroristischen Vereinigung sei es, genau zu diesem Zeitpunkt Gebiete in Sachsen und ggf. anderen ostdeutschen Bundesländern mit Waffengewalt zu erobern und ein am Nationalsozialismus ausgerichtetes Staats- und Gesellschaftswesen zu errichten. Unerwünschte Menschengruppen sollten notfalls durch ethnische Säuberungen aus der Region entfernt werden. Seit ihrer Gründung bereitete sich die Gruppierung u. a. mit paramilitärischen Trainings in Kampfausrüstung auf den aus ihrer Sicht unausweichlichen Systemsturz vor. Dabei standen vorrangig der Häuserkampf, der Umgang mit Schusswaffen sowie Nacht- und Gewaltmärsche bzw. Patrouillengänge im Mittelpunkt. Darüber hinaus beschafften sich die »Sächsischen Separatisten« militärische Ausrüstungsgegenstände, wie Tarnfleckanzüge, Gefechtshelme, Gasmasken und Schutzwesten.

Ferner wurde die Strafverfolgung im Fall der rechtsterroristischen Vereinigung »Nationalsozialistischer Untergrund« (NSU) im Berichtsjahr fortgesetzt. Die Anklage des GBA gegen Susann E. wegen des Vorwurfes, sie habe die Vereinigung ab September 2008 unterstützt, wurde vom Oberlandesgericht (OLG) Dresden lediglich hinsichtlich der Beihilfe zu einem Banküberfall (besonders schwere räuberische Erpressung) zur Hauptverhandlung zugelassen und an das Landgericht Zwickau verwiesen. Nach Auffassung des OLG sei es unwahrscheinlich, dass Susann E. nachgewiesen werden könne, dass sie zum Zeitpunkt ihrer Unterstützungshandlungen von den Morden des NSU gewusst habe. Eine Verurteilung wegen dieses Tatvorwurfs sei demzufolge unwahrscheinlich und rechtfertige nicht die Eröffnung eines Verfahrens.

Dennoch besteht der hinreichende Verdacht, dass die Angeklagte vor dem Hintergrund ihrer allgemeinen Kenntnis von durch NSU-Mitglieder begangenen Banküberfällen bei der Abholung eines Wohnmobils im Oktober 2011 billigend in Kauf genommen hat, dass sie damit Hilfe zu einem Banküberfall leistet. Dieser erfolgte unter Nutzung des Wohnmobils am 4. November 2011.

Rechtsextremistische Ideologieelemente, darunter Verschwörungstheorien und Vernichtungsfantasien in Bezug auf andere Ethnien, spielen auch bei anderen Akteuren im Freistaat Sachsen eine wichtige Rolle und können unter Umständen den Nährboden für Gewalt und Terrorismus bilden. Rechtsextremisten finden dabei im virtuellen Raum verschiedene Aspekte, die sie unreflektiert zu ihrer eigenen verfassungsfeindlichen Agenda zusammensetzen können. Als Quintessenz steht oft das proklamierte Recht auf Widerstand und der Anspruch, stellvertretend für einen großen, ungehörten Teil der Bevölkerung zu handeln. Hinzu kommt eine hohe Waffenaffinität von Rechtsextremisten.

Des Weiteren wird Militanz gegen den vermeintlichen politischen Gegner innerhalb der rechtsextremistischen Szene nach wie vor als legitimes Mittel zur Durchsetzung der politischen Ziele propagiert.

Dazu trainieren Rechtsextremisten auch im Bereich des Kampfsportes. Um sich behördlichen Eingriffsmöglichkeiten sowie staatlichen Maßnahmen zu entziehen, findet dieses Training oftmals in »unpolitischen« Fitnessstudios statt. Vereinzelt beteiligten sie sich im Berichtsjahr jedoch auch als Kämpfer an »unpolitischen« Kampfsportveranstaltungen im Freistaat Sachsen.

Aufgrund der internationalen Vernetzung der rechtsextremistischen Kampfsportszene, geht das LfV Sachsen davon aus, dass weiterhin entsprechende Großveranstaltungen auch im Ausland stattfinden werden, wie beispielsweise im Jahr 2023 in Ungarn und Frankreich. Nach wie vor ist darüber hinaus nicht auszuschließen, dass die rechtsextremistische Kampfsportszene möglicherweise künftig auch auf eigene klandestin organisierte Veranstaltungen im kleineren Rahmen ausweichen wird.

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