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Politischer Salafismus

Die Sicherheitsbehörden unterscheiden grundsätzlich zwischen politischem und jihadistischem Salafismus. Während beide Strömungen auf der gleichen ideologischen Grundlage beruhen, unterscheiden sie sich bei der Wahl der Mittel, mit denen sie ihre Ziele verwirklichen wollen.

Dennoch besitzen beide Ausprägungen eine immanente Gewaltorientierung. Dies führt im Ergebnis dazu, dass der Übergang vom politischen zum jihadistischen Salafismus fließend ist und sich beide Richtungen mitunter nicht klar voneinander abgrenzen lassen.

Vertreter des politischen Salafismus betonen den friedlichen Charakter des Islam und positionieren sich teilweise ausdrücklich gegen Terrorismus. Dennoch wird die Anwendung von Gewalt – ausgehend von einer subjektiv konstruierten Bedrohungslage – auch von Vertretern des politischen Salafismus in bestimmten Fällen für zulässig erklärt.

Von jihadistischem Salafismus als einem Teilbereich des islamistischen Terrorismus sprechen die Sicherheitsbehörden dagegen, wenn die Anwendung terroristischer Gewalt von vornherein ideologisch legitimiert wird und der bewaffnete Kampf gegen »Ungläubige« als zentrales Mittel gesehen wird, um das eigene Islamverständnis zu »verteidigen« und zu verbreiten bzw. um politische Macht zu erlangen.

Wie in den Vorjahren bewegt sich das salafistische Personenpotenzial im Freistaat Sachsen, welches sowohl politische als auch jihadistische Salafisten umfasst, auf vergleichsweise niedrigem Niveau. Es stagniert bei ca. 250 Personen. Im Vergleich zu vor zehn Jahren hat sich dieses Potenzial jedoch nahezu verdoppelt. Im Jahr 2014 wurden den Salafistischen Bestrebungen ca. 130 Personen zugerechnet.

Salafisten orientieren sich am Leben der ersten drei Generationen von Muslimen, welche auch als »Altvordere« (arab. as-salaf as-salih) bezeichnet werden und im 7./8. Jahrhundert lebten. Nach Ansicht der Salafisten führten nur diese Generationen ein gottgefälliges Leben, da sie es ausschließlich am Koran und dem Leben des Propheten Mohammed (Sunna) ausrichteten.
Salafisten orientieren sich nicht nur inhaltlich an den Vorstellungen der ersten Muslime und der islamischen Frühzeit, sondern auch an der damaligen Werteordnung. Sie streben eine Rechtsordnung an, die ausschließlich auf Koran und Sunna basiert. Die Einführung einer solchen Ordnung wird auch für westliche Länder, in denen Muslime leben, angestrebt. Insofern liegt auch eine politische Bestimmtheit vor, die über eine reine Glaubensausübung hinausgeht.
Aus der buchstabengetreuen Auslegung von Koran und Sunna leitet sich das zentrale salafistische Glaubensverständnis ab. Hierzu gehört die Überzeugung, dass Gott der einzige legitime Souverän und Gesetzgeber sei.
Kennzeichnende Merkmale für die salafistische Ideologie sind insbesondere die Ablehnung von Demokratie und Rechtsstaat, der absolute Geltungsanspruch der Scharia als allumfassende Lebensordnung, die Ablehnung der Gleichberechtigung von Mann und Frau und Abgrenzungsmechanismen gegenüber anderen Religionen bzw. vermeintlich Ungläubigen. Salafisten lehnen die freiheitliche demokratische Grundordnung in Gänze ab und sehen sich als die einzigen »wahren« Muslime.

Nach salafistischer Auslegung wird der Islam als allumfassender politischer Gegenentwurf zu einer demokratischen Gesellschaftsordnung begriffen und öffentlich propagiert. So ist die Grundlage der staatlichen Herrschaftsordnung nach salafistischer Auffassung nicht die Selbstbestimmung des Volkes, sondern der Wille Gottes. Demokratische Prozesse werden als Verletzung der Souveränität Gottes und deshalb als illegitim angesehen. In Anlehnung an die islamische Frühzeit wird die Schaffung einer vermeintlich idealen islamischen Gesellschaft, in welcher Staat und Religion eine Einheit bilden (d. h. eine Theokratie), angestrebt. Sämtliche religiöse Neuerungen oder gar eine Fortentwicklung der Religion im Sinne einer Anpassung an bestehende Verhältnisse werden dagegen strikt abgelehnt. Dementsprechend greifen Salafisten auf Regeln und Rechtsnormen zurück, die mit einem modernen demokratischen Rechtsstaat unvereinbar sind.

Als Basis ihrer religiös begründeten rechtlichen, sozialen und politischen Ordnungs- und Herrschaftsvorstellungen ziehen Salafisten die Scharia als Ausdruck des göttlichen Willens heran. Nach ihrem Verständnis bezeichnet der Begriff »Scharia« zusammengefasst sämtliche vom Koran und der Prophetenüberlieferung (Sunna) abgeleiteten religiösen und weltlichen Rechtsvorschriften. Jeder Muslim hat nach salafistischem Verständnis die Normen der Scharia als gottgewollt zu befolgen. Andere politische und rechtliche Modelle werden entweder als zweitrangig verstanden oder grundsätzlich abgelehnt.

Salafisten weisen der Frau ein Rollenbild zu, das sie auf ihre häuslichen Aufgaben beschränkt und ihre öffentliche Betätigung (wie z. B. ein politisches Engagement) ausschließt. Der Ehemann besitzt nach salafistischer Auslegung des Korans ein Züchtigungsrecht zur Erziehung und Disziplinierung seiner Ehefrau. Die von Salafisten so verstandene gottgegebene Überordnung des Mannes im Verhältnis zur Frau verstößt gegen den in Artikel 3 Absatz 2 des Grundgesetzes garantierten Grundsatz der Gleichberechtigung.

Die salafistische Ideologie ist insbesondere durch zahlreiche Abgrenzungsmechanismen geprägt. Die Verbreitung von Bildern muslimischer wie nicht muslimischer Feinde soll zur Stärkung einer eindeutigen salafistischen Identität beitragen. Andersdenkende werden selbst dann, wenn sie einer Religionsgemeinschaft angehören, mit diffamierenden Begriffen wie »Kuffar« (»Ungläubige«) bezeichnet. Dementsprechend sollen Salafisten ausschließlich mit ihresgleichen verkehren und sämtliche Beziehungen zu »Ungläubigen«, einschließlich nicht salafistischen Muslimen, unterlassen.
Salafisten verstehen sich als »Opfer« in der nicht muslimischen Mehrheitsgesellschaft. Dazu werden Szenarien von Bedrohungen und Angriffen gegen den Islam und die Muslime gezeichnet, die weltpolitische Ereignisse, wie z. B. den palästinensisch-israelischen Konflikt, die Konflikte in Syrien, im Irak oder in Afghanistan, aber auch eine vermeintliche Diskriminierung in westlichen Ländern verarbeiten.
Derartige Szenarien sind elementar für die Rekrutierung von Anhängern und haben Einfluss auf das Mobilisierungspotenzial.
Die Menschen sollen auf verschiedene Weise vom so verstandenen »richtigen« Islam überzeugt werden bzw. zum Islam konvertieren. Das entsprechend verbreitete Gedankengut ist geeignet, den ideologischen Nährboden für eine islamistische Radikalisierung zu bilden und steht damit einer Integration entgegen. Zudem leistet es der Herausbildung einer Parallelgesellschaft weiteren Auftrieb.

Darüber hinaus stellt der Staat Israel für die Mehrheit der islamistischen Gruppierungen ein manifestes und populäres Feindbild dar, wobei kaum zwischen dem Staat Israel und »den Juden« differenziert wird. Im Rahmen ihrer Propagandaaktivitäten rufen Salafisten immer wieder subtil zur Vernichtung Israels auf. Im Islamismus ist Antisemitismus grundsätzlich ein weit verbreitetes Phänomen.

Politische Salafisten verbreiten ihre islamistische, fundamentalistische Ideologie durch intensive Propagandaaktivitäten, die sog. »Missionierung« (Dawa). In der Vergangenheit fand diese z. B. mithilfe von Informationsständen in Innenstädten statt. Gegenwärtig wird dieses Instrument in Sachsen nur noch vereinzelt genutzt. Größtenteils findet diese propagandistische Arbeit inzwischen in den sozialen Medien statt. Ähnlich wie im jihadistischen Salafismus ist hierbei problematisch, dass neben in Deutschland erstellten und gehosteten Inhalten zum Teil noch radikalere Inhalte von Influencern und Predigern aus dem Ausland verbreitet werden.

Die salafistische Ideologie wird außerdem im Rahmen von Vortragsveranstaltungen und »Islamseminaren« in salafistischen Moscheen verbreitet. Auch in Koranschulen, die an eine salafistische Moschee oder einen Verein angebunden sind, ist eine religiöse Erziehung der Schüler im Sinne der Ideologie möglich. Mit der Übertragung von Predigten und Vorträgen im Internet erzielen Salafisten nicht nur eine enorme Reichweite, sondern erreichen ebenso einen unüberschaubaren Personenkreis jeden Alters.

Während politische Salafisten ihre Propagandaarbeit strategisch als »Missionierung« oder »Einladung zum Islam« bezeichnen, handelt es sich tatsächlich um eine systematische Indoktrinierung, nicht selten mit dem Ziel einer Radikalisierung.

Der jihadistische Salafismus baut in vielen Fällen auf die bereits geleistete strategische und ideologische Vorarbeit des politischen Salafismus auf. Zusätzlich wird hier jedoch die einschlägige jihadistische Ideologie über persönliche Kontakte in der Realwelt oder in sozialen Medien und Kommunikationsplattformen verbreitet. Das Propagandamaterial wird hierbei z. B. aus den offiziellen bzw. halboffiziellen Medienportalen des Islamischen Staates, wie beispielsweise dem »Al-Hajat Media Center« und dem »Al-Furqan Institute for Media Production«, bezogen und dann von IS-nahen Kanälen und Gruppierungen z. B. über Messenger-Dienste aufgegriffen, kommentiert und verbreitet. Ziel des jihadistischen Salafismus ist es, mit seiner Ideologie Personen zu beeinflussen und schließlich für die Unterstützung des weltweiten Jihads zu gewinnen.

Strukturen im Freistaat Sachsen

Die salafistische Szene in Deutschland ist meist nur lose organisiert. Feste und formale Organisationsstrukturen sind weitgehend nicht vorhanden. Eine Ausnahme bilden örtliche salafistische Vereine, die als Träger salafistisch geprägter Moscheen tätig sind.

Sitz Leipzig
Gründung 1995
Vorsitz Hassan DABBAGH
Besucherzahlen ca. 1.000 (wobei die Mehrheit nicht dem salafistischen Spektrum angehört)
Internetauftritt/ Soziale Medien Internetseite, Facebook, Instagram, YouTube, TikTok

Gründe für die Verfassungsfeindlichkeit

Den Schwerpunkt salafistischer Strukturen im Freistaat Sachsen bildet seit Jahren der Verein Islamische Gemeinde in Sachsen – Al-Rahman Moschee in Leipzig. Der Imam dieser Moschee, Hassan DABBAGH, ist ein überregional bekannter Multiplikator des politischen Salafismus in Deutschland.

Trotz DABBAGHs Distanzierung von religiös motivierten Terrorakten sind seine Äußerungen geeignet, die Bildung von Parallelgesellschaften außerhalb der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu fördern und mittelbar Hass und Gewalt zu schüren.

Seine Freitagspredigten beinhalteten auch im Berichtsjahr die bereits bekannten Themen, wie z. B. Hetze gegen den deutschen Staat und Ungläubige, welche Muslime angeblich unterdrücken und den Islam vernichten wollen sowie die staatliche Beeinflussung der Medien. Außerdem glorifizierte er den Islam der Frühzeit.

Seine Freitagspredigten enthielten weiterhin salafistische Glaubensauffassungen.

Der Salafismus zeichnet sich u. a. dadurch aus, dass der Koran und die Sunna des Propheten als einzige Richtschnur für die Rechts- und Gesellschaftsordnung angesehen, »weltliche« Gesetze demzufolge explizit oder indirekt abgelehnt werden. Laut DABBAGH könne eine »Einheit der Muslime« nur erreicht werden, wenn sie zum Islamverständnis der ersten Generationen des Islam zurückkehrten – eine eindeutig salafistische Auffassung.
»(…) Deshalb (…) wenn jemand behauptet, ich will die Einheit der Muslime, dann soll man wissen, die Einheit der Umma, die Einheit der Muslime kann nur erlangt werden, indem wir auf dem Weg von Qur’an und Sunna sind. Mit dem Verständnis von Sahaba (Gefährten des Propheten) (…) und die Leute, die nach ihnen oder ihnen folgen bis zum letzten Tag. So werden wir die Einheit der Umma schaffen (…)«.

Die Salafisten fordern die Ausrichtung der Religions- und Rechtspraxis im Sinne eines als authentisch und autoritativ geltenden »Urislam« und eine Rückbesinnung darauf. Religiöse »Neuerungen«, zu denen u. a. auch moderne muslimische Auslegungen des Korans oder der Sunna bzw. bestimmte muslimische Bräuche und Traditionen gehören, werden abgelehnt. DABBAGH sagte im Berichtsjahr Folgendes:
»(…) Dazu die Sahaba (…) die Gefährten von unserem Propheten (…) würden niemals etwas zustimmen was Bid’a ist, was Neuerung ist. Weil jede Neuerung eine irrführende Sache ist. Und jede irrführende führt in die Hölle.« »(…) Der damalige Islam ist der heutige Islam und das wird bleiben. Die Religion Allah (…) ist eine Offenbarung von über dem siebten Himmel. Allah hat das dem Propheten (…) offenbart. Der Prophet (…) hat das verkündigt. Die Sahaba (Gefährten) haben das übernommen. Die Tabi’un (Generation nach Sahaba) haben das von ihnen gelernt, und das wurde überliefert bis heute und das wird bleiben«.

Die Glorifizierung der Gefährten des Propheten und die extreme Fokussierung auf die überlieferten Aussprüche und Handlungsweisen des Propheten Muhammad, die im Sinne einer salafistischen Auslegung auch heutzutage möglichst wortgetreu umgesetzt werden sollten, findet sich auch weiterhin in den Predigten.
»(…) Die Gefährten des Propheten (…) haben uns den Qur’an vermittelt. Und sie haben uns die Sunna vermittelt. Ohne diese Leute, ohne diese Leute könnten wir Qur’an und Sunna nicht bekommen. Und ohne diese Leute könnten wir den Islam nicht richtig verstehen und nicht richtig praktizieren. Wir lieben sie. (…) Und unsere Gelehrten sagen: ‚Wenn man gegen die Sahaba (Gefährten des Propheten) was spricht oder sie beschimpft, dann ist diese Person (…). Und manche Gelehrten sagen, der ist kein Moslem. Derjenige, der gegen die Sahaba hetzt und die Sahaba beschimpft oder die Sahaba, das heißt die Gefährten vom Propheten (…), vom Islam ausschließt.«

Ein weiteres, gern bedientes Thema ist die Opferrolle der Muslime, die unter der Bedrohung durch »Nicht-Muslime« leiden würden. Folgender Auszug aus einer Predigt vom 29. März macht dies deutlich:
»(…) Wir sind, wir sind klein und die Umma ist groß. Aber diese, dieser kleine Fleck ist ein Beispiel für eine große Umma (…) Wären die Kinder, wären die Kinder von Gaza, wären sie Katzen, Katzen oder Bäume oder vielleicht Steine, da hätten die Leute was gesagt. Aber nein. Diese Leute haben kein Recht. Nix sind sie. Man kann mit ihnen alles machen, weil sie Muslime sind (...)«.

Wie tief der Antisemitismus bei Hassan DABBAGH verwurzelt ist, zeigte sich auch im Berichtsjahr. In einer gestreamten Fragerunde am 12. April behauptete er auf Arabisch: »(…) Ihr Krieg gegen uns ist wegen der Religion, und wenn ihr diese Sache noch nicht versteht, müsst ihr euch Gaza ansehen, um das zu verstehen, (…)«. Ohne »die Juden« oder Israel explizit zu erwähnen, machte DABBAGH in diesem Kontext deutlich, dass der Krieg gegen die Palästinenser in Gaza ein »Krieg gegen den Islam« sei. Da Israel diesen Krieg führt, ist Israel (und damit für den evtl. nicht differenzierenden Zuhörer »die Juden«) ein Feind des Islam.

In einem anderen veröffentlichten Beitrag zum Religionsunterricht behauptete er am 17. Mai, dass die Handlungen der israelischen Armee im Gazastreifen nicht durch Nicht-Muslime, die deutsche Presse oder die Politik kritisiert werden dürften. Wenn man dies tue, würde man gleich als »Antisemit« bezeichnet. Dieses faktisch falsche Narrativ wird oft von Antisemiten verbreitet, einerseits um ihre Äußerungen als legitime Meinungsäußerung im Sinne der Meinungsfreiheit zu deklarieren. Andererseits soll den Zuhörern indirekt vermittelt werden, dass es eigentlich gar keine echte Meinungsfreiheit speziell zum Thema »Israel« gebe. Nicht selten beziehen sich Antisemiten dabei auf eine jüdische Weltverschwörung.

In der Freitagspredigt am 17. Mai beschuldigte Hassan DABBAGH die westliche Presse und Politik, gegen den Islam zu hetzen. Nach seinen Worten würden einige Muslime versuchen, durch das Nichtpraktizieren des Islam das Wohlwollen der »Feinde des Islam« erlangen zu wollen. Wörtlich führte er dann aus: »Sei sicher, die werden dich niemals lieben (…) Und die werden mit dir niemals zufrieden sein. Allah sagt das, nicht ich (…): Die Juden, die Christen werden mit dir niemals zufrieden sein, bis du ihren Weg nimmst, bis du ihre Religion nimmst.‘ Das sagt Allah, nicht ich.«
Auch hier suggeriert DABBAGH, dass Juden (und Christen) von Beginn an Feinde der Muslime und des Islam gewesen seien und versuchen würden, diese Religion zu zerstören, indem sie Muslime vom »wahren Glauben« abbringen wollten.

Aus der Freitagspredigt am 31. Mai ging hervor, dass DABBAGH seine Vorbehalte, seine Feindbilder aus dem Koran bezieht. So schloss er das Freitagsgebet mit folgendem Bittgebet ab (arab.): »O Allah verleihe dem Islam den Sieg. Mache die Muslime mächtig. O Allah verleihe deinen Monotheisten- Dienern den Sieg. O Allah, lass uns standhaft sein nach deinem Buch und der Sunna deines Propheten. O Allah wende dich gegen deine Feinde, Feinde der Religion. Oh Allah, du bist nicht machtlos gegenüber ihnen: O Allah, reinige die muslimischen Länder von der Unreinheit – Herr der Welten – von den verdammten Unreinen, den Nachkommen von Affen und Schweinen, O Herr der Welten.« Der Ausdruck »Nachkommen von Affen und Schweinen« stammt aus dem Koran Sure 5 Vers 60. Vor allem Islamisten benutzen diesen Ausdruck als Synonym für »Juden«. Im Kontext seines obigen Bittgebets machte DABBAGH deutlich, dass er in den muslimischen Ländern deren Vernichtung oder Vertreibung durch Allah erbittet. Sie seien unrein und Feinde Allahs. Vor dem Hintergrund, dass in den meisten muslimischen Ländern keine Juden mehr leben, bezog er sich hier mutmaßlich auf Israel, das er grundsätzlich als muslimisches Land ansieht.

Aktivitäten

Propagandaaktivitäten sind in Sachsen, ebenso wie im übrigen Bundesgebiet, das Hauptaktionsfeld der politischen Salafisten.
In seiner Funktion als Imam und Prediger verbreitete DABBAGH im Berichtsjahr abermals die salafistische Ideologie u. a. in seinen Freitagspredigten und während des täglich stattfindenden Koranunterrichts in den Räumlichkeiten der Moschee. Außerdem reiste er z. B. nach Erfurt (Thüringen) und Duisburg (Nordrhein-Westfalen), um dort Vorträge zu halten. Durch entsprechende Veröffentlichungen in den sozialen Medien erhöhte er auch im Berichtsjahr die Reichweite für seine verfassungsfeindlichen Aussagen und entfaltete eine stärkere Öffentlichkeitswirkung. Predigten anderer bekannter salafistischer Akteure in der Al-Rahman Moschee konnten hingegen im Berichtsjahr nicht festgestellt werden.

Das Mitte 2023 genehmigte und begonnene Bauprojekt »Ersatzneubau Kulturhaus an der Parthe« der Islamischen Gemeinde in Sachsen – Al-Rahman-Moschee e. V., vertreten durch den Imam Hassan DABBAGH, wurde im Berichtsjahr nicht fertiggestellt. Es umfasst ein Kulturhaus als Versammlungsstätte zur Religionsausübung, ein Vereinshaus, eine Verkaufseinrichtung und ein Bürogebäude mit großer Inhaberwohnung. Beim geplanten »Kulturhaus« handelt es sich um das neue Moscheegebäude der Al-Rahman-Moschee. Informationen des LfV Sachsen zufolge soll der Neubau die derzeit genutzte Moschee ablösen. Das »Kulturhaus«/Moschee hat eine geplante Grundfläche von 1.050 m² mit drei Etagen und ist für ungefähr 2.000 Gläubige konzipiert. Das neue Gebäude wird demnach größer als die bisher genutzte Moschee.

Sitz Dresden
Gründung 2018
Soziale Medien Facebook

Gründe für die Verfassungsfeindlichkeit

Zentraler Bestandteil der Arbeit von Al-Amal – interkultureller Verein e. V. ist die Durchführung von Gebetsveranstaltungen in eigenen Räumen und im Freien. Die Inhalte der Predigten und der Online- Auftritte erscheinen auf den ersten Blick nicht spezifisch islamistisch. Es fällt jedoch auf, dass häufig saudi-arabische salafistisch-wahhabitische Islamgelehrte wiedergegeben werden. Hierbei geht es zumeist um Auszüge von Reden des Scheichs Abd al-Aziz ibn BAZ (1910 – 1999), der als Vordenker des modernen Salafismus gilt und eine streng konservative Lesart des Korans (Wahhabismus) sowie eine wortwörtliche Auslegung der Hadithe und des Korans vertrat. Als Hadithe werden die überlieferten Handlungen und Aussprüche des Propheten Mohammed bezeichnet. Auch Scheich Muhammad IBN AL-UTHAYMIN (1925 – 2001) ist beispielsweise in mehreren Videos vertreten. Seine Schriften werden bis heute weltweit von Salafisten rezitiert und stehen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in vielen Teilen diametral entgegen.

Darüber hinaus zeigt der Verein, wie die korrekte und möglichst wortgetreue Umsetzung eines Hadithes gelehrt wird. Eine wortgetreue Umsetzung der Sunna, der zweiten Quelle religiöser Normen des Islam, und des Korans ist für Salafisten von entscheidender Bedeutung.

Der Al-Amal – interkulturelle Verein e. V. bietet zudem über einen Telegram-Kanal Zugriff auf Schulungsunterlagen an, darunter das Buch bzw. die Schrift (dt.) »Die Vierzig des Nawawiya«. Es handelt sich hierbei um eine Sammlung von Hadithen, darunter mehrere extremistische. Sie legitimieren beispielsweise die Anwendung von Gewalt gegen Ungläubige.

Insgesamt bestehen aufgrund der verwendeten religiösen Termini in ihren Social-Media-Posts (u. a. bida/ kufr für Ungläubige), der Fokussierung auf die Vermittlung der »richtigen« Religionsausübung sowie der geposteten Videos Anhaltspunkte, die eine politisch-salafistische Ausrichtung des Vereins nahelegen.

Festzuhalten ist jedoch, dass primär der Vereinsvorstand salafistisch geprägt ist, dies hingegen aber nicht auf alle Besucher der Predigten und Veranstaltungen zutrifft.

Aktivitäten

Zweck des Vereins ist laut Satzung, »Migranten aus dem islamisch geprägten Kulturkreis« die Religionsausübung, einen Austausch sowie die Integration zu ermöglichen. Eine herausgehobene Aktivität scheint dabei die Veranstaltung von Koran- und Hadithwettbewerben, die sich speziell an Kinder und Jugendliche richten, zu sein. Bei Mitveranstaltern konnten im Berichtsjahr Verknüpfungen zum verbotenen Verein Deutschsprachige Muslimische Gemeinschaft Braunschweig festgestellt werden.

Eine wichtige Veranstaltung des Vereins war zudem das Zuckerfest mit Gebet im Dresdner Alaunpark am 9. April. Dadurch gab sich der Verein einen bürgerlichen »Anstrich«.

Neben realweltlichen Veranstaltungen zeichnet sich der Verein durch seine Online-Präsenz aus. Auf den bekannten Plattformen wie X und Facebook werden professionell bearbeitete Videos und Fotos der Gebete und der ideologischen Ansichten verbreitet. Zweck ist hierbei unter anderem die Vermarktung und Selbstdarstellung des Vereins. Zum Zweck der religiösen Schulung gibt es dort zahlreiche Informationen. Außerdem verbreitet der Verein über die sozialen Medien Spendenaufrufe und hat Informationen zu seinen Spendenkonten hinterlegt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich der Verein realweltlich auf Jugendarbeit und Erwachsenenbildung in Form von Predigten, Schulungen, Wettbewerben und Festen fokussiert. Eine positive Öffentlichkeitswirkung soll durch professionell bearbeitete Videos und ansprechende Werbeinhalte im Netz bezüglich der Hadith-Wettbewerbe und weiterer religiöser Veranstaltungen (z. B. zum Ramadan) erzielt werden.

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