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Militanter Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus

Im Berichtsjahr sind rechtsextremistisch motivierte Anschläge ausgeblieben. Dennoch ist die abstrakte Gefährdungslage weiterhin als signifikant zu bewerten. Im Vergleich zu den Vorjahren rückte die Corona-Problematik zunehmend in den Hintergrund, während rechtsextremistische Narrative im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg und den damit einhergehenden gesellschaftlichen Debatten Einzug in die Szene hielten.

Rechtsextremistische Ideologieelemente, darunter Verschwörungstheorien und Vernichtungsfantasien in Bezug auf andere Ethnien, spielen auch bei Akteuren im Freistaat Sachsen eine wichtige Rolle und können unter Umständen einen Nährboden für Gewalt und Terror bilden. Rechtsextremisten finden dabei im Internet verschiedene Aspekte, die sie unreflektiert zu ihrer eigenen verfassungsfeindlichen Agenda zusammensetzen können. Als Quintessenz steht oft das proklamierte Recht auf Widerstand und der Anspruch, stellvertretend für einen großen, ungehörten Teil der Bevölkerung zu handeln.

Im Berichtsjahr gewann die Auseinandersetzung mit den gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen des Ukraine-Krieges auch im militanten Rechtsextremismus zunehmend an Bedeutung. Diesbezüglich konnten zudem grundsätzlich interne Meinungsverschiedenheiten bzgl. einer pro-russischen und einer pro-ukrainischen Positionierung innerhalb der rechtsextremistischen Szene beobachtet werden. Insbesondere in den sozialen Netzwerken wurden Sympathiebekundungen für den bewaffneten Kampf bis hin zu Ausreiseabsichten geäußert. Dem LfV Sachsen wurden einzelne Ausreisen von Rechtsextremisten in das Kriegsgebiet bekannt.

Des Weiteren wird Militanz gegen den vermeintlichen politischen Gegner innerhalb der rechtsextremistischen Szene nach wie vor als legitimes Mittel zur Durchsetzung der politischen Ziele propagiert. So griffen Rechtsextremisten am 1. Mai auf den Bahnhöfen in Chemnitz und Glauchau Personen verbal und körperlich an, die mit dem Zug nach Zwickau reisten, um dort an Gegendemonstrationen zu einer rechtsextremistischen Versammlung teilzunehmen.

Eine große Rolle spielen in Deutschland öffentlichkeitswirksame Kampfsportveranstaltungen, wie der „Kampf der Nibelungen“ und „TIWAZ – Kampf der freien Männer“.

Der „Kampf der Nibelungen“ ist eine seit 2013 jährlich stattfindende Kampfsportveranstaltung mit herausragender Bedeutung für die nationale und internationale rechtsextremistische Kampfsportszene. Die Organisatoren dieser Veranstaltung sind in Nordrhein-Westfalen ansässig. Zuletzt war im Freistaat Sachsen ein solches Event von einem Rechtsextremisten für den 12. Oktober 2019 angemeldet worden. Diese sowie jegliche Ersatzveranstaltungen im Gemeindegebiet wurden mit Bescheid vom 4. Oktober 2019 von der Stadt Ostritz zur Abwendung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung verboten. Eine Klage hiergegen wurde vom Verwaltungsgericht Dresden am 7. September 2022 mit der Begründung abgewiesen, dass die angestrebte Kampfertüchtigung dem Einstieg in den physischen politischen Kampf diene, um auf diese Weise politische Ziele gewaltsam durchsetzen zu können. Eine Gefährdung habe vorgelegen, weil die Veranstaltung darauf abgezielt habe, dem Besucherkreis Gewaltkompetenzen zur Überwindung des politischen Systems zu vermitteln.

Ein weiteres rechtsextremistisches Kampfsportereignis war „TIWAZ – Kampf der freien Männer“. Dieses wurde 2018 und 2019 von der aus Sachsen stammenden TIWAZGEMEINSCHAFT geplant und in Grünhain-Beierfeld (Erzgebirgskreis) bzw. in Zwickau veranstaltet. In den vergangenen drei Jahren wurden keine Kampfsportveranstaltungen dieser Art durchgeführt. Gründe hierfür dürften sowohl einschlägige Corona-Maßnahmen als auch das nunmehr gerichtlich bestätigte behördliche Einschreiten gewesen sein.

Nach der gerichtlichen Niederlage ist aktuell nicht zu erwarten, dass große rechtsextremistische Kampfsportveranstaltungen – insbesondere unter dem bekannten Label „Kampf der Nibelungen“ – weiterhin in Deutschland geplant und durchgeführt werden.

Da die rechtsextremistische Kampfsportszene international gut vernetzt ist, besteht jedoch die Wahrscheinlichkeit, dass Veranstaltungen dieser Art und Größe künftig in das Ausland verlagert werden, wie dies bereits bei großen rechtsextremistischen Musikveranstaltungen der Fall ist. Bis dahin wird die rechtsextremistische Kampfsportszene möglicherweise auf klandestin organisierte Kleinveranstaltungen ausweichen.

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